3 FRAGEN AN …

die Stuttgarter des Jahres aus den letzten Jahren. Wir haben nachgefragt: Was ist aus ihnen und ihrem ehrenamtlichen Engagement geworden?

Hans-Dieter Mechler will mit „Vera“ die Zahl der Ausbildungsabbrüche verringern.

Nachgefragt:

Wie hat sich Ihr Engagement für jugendliche Ausbildungsabbrecher seit der Wahl zum Stuttgarter des Jahres verändert?

Die Auszeichnung hat sich positiv auf unsere Arbeit ausgewirkt. Ich habe viele Anrufe und E-Mails von Menschen erhalten, die vom Wirken der Ehrenamtlichen bisher nichts wussten. Ich muss nun häufig nicht mehr erklären, wer wir sind und was wir machen. Dementsprechend haben sich unsere Fallzahlen erhöht. Wir haben aktuell 497 Begleiteranfragen in der Region Stuttgart. Vor einem Jahr waren es noch 360. Das zeigt: Der Bedarf an erfahrenen Begleitern ist hoch.

Konnten Sie auch auf der Seite der Ehrenamtlichen Zuwächse verbuchen?

Tatsächlich ist auch die Zahl der Senioren gestiegen, die dazu bereit sind, den Jugendlichen über einen längeren Zeitraum hinweg mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das Thema ist keine Nischengeschichte mehr, sondern ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Das ist auch deshalb wertvoll, weil uns durch den Zuzug junger Flüchtlinge neue Aufgaben erwachsen sind. Da die Anforderungen an diesen Personenkreis aufgrund der Herkunft und Kultur oft sehr unterschiedlich sind, empfehle ich bei einer Einstellung gleich einen VerA-Begleiter anzufordern.

Was hat die Auszeichnung für Sie gebracht?

Meine Frau und ich freuen uns sehr darüber, dass die vielen ehrenamtlichen Stunden, die wir in das Projekt gesteckt haben, einen so positiven Wiederhall gefunden haben. Das motiviert uns. Eine kleine Begebenheit hat mich persönlich sehr gerührt. Durch den Bericht in der Stuttgarter Zeitung ist eine Frau auf uns aufmerksam geworden, die als junges Mädchen vor 40 Jahren in Karlsruhe unser Pferd betreut hat. Wir haben den Kontakt wieder aufgenommen und Erinnerungen ausgetauscht.

Nilgün Tasman und Hans Ulrich Scholpp engagieren sich für Obdachlose und Flüchtlinge.

Nachgefragt:

Frau Tasman, neben der Benefizveranstaltung „Tischlein deck’ dich“, die Sie zugunsten der Vesperkirche in der Leonhardskirche organisieren, machen Sie sich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stark. Hat der Preis Ihnen dabei weitergeholfen?

Wir haben Gutscheine für Sportkleidung gekauft. Die Jungen brauchten dringend Schuhe oder Trikots. Aber es geht um mehr als Geld. Mittlerweile gibt es eine Gruppe von 8 bis 11 Jugendlichen, die Teil unserer Familie geworden sind. Sie kommen zu uns ins Büro, um Rat für ihre Bewerbungen zu holen. Da ist vor allem unsere Patin, Leyla Demirhan, mit viel Geduld dabei. Sie ist wie eine große Schwester für die Jungs. Ich habe eher die beschützende, erzieherische Rolle, um bei Entscheidungen zu helfen. Es gab auch eine Art Benimm-Kurs. Denn es ist wichtig, dass ihnen die deutschen Gepflogenheiten nicht fremd sind. Als wir wieder eine Benefizveranstaltung organisiert haben, waren sie spontan bereit, mit anderen zusammen 168 Portionen Maultaschen zu servieren. Es war eine gute Erfahrung, sozial Schwache zu treffen, denen es schlechter geht als ihnen.

Im Januar hatte im Atelier am Bollwerk ein Dokumentarfilm von Ihnen Premiere. In „Der Flüchtling in mir“ begleiten Sie einen afrikanischen und drei afghanische Jugendliche, die Sie in einer der Unterkünfte kennengelernt haben.

Der Film ist autobiografisch, ich bin ja die Tochter türkischer Gastarbeiter. Aber ich habe festgestellt, dass alle Einwanderer die gleichen Erfahrungen gemacht haben. Egal, zu welcher Zeit und aus welchem Land sie gekommen sind. Dieser Film kann den Jugendlichen Mut machen.

Herr Scholpp, was sind Ihre Wünsche für die Zukunft Deutschlands?

Es wäre schön, wenn wir das alles nicht nötig hätten. Was wir brauchen, ist ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle.

Dominik Braun hat mit Schülern Hilfe für Flüchtlingskinder organisiert.

Nachgefragt:

Herr Braun, Sie wurden von Ihrer damaligen 10. Klasse nominiert. Was hat sich für Sie dadurch verändert?

Im Schulalltag am Königin-Charlotte-Gymnasium spielt so ein Preis keine Rolle. Persönlich aber hat sich etwas geändert: Nachdem meine Frau und ich eine kleine Tochter bekommen haben, habe ich die Aufgabe eines Verbindungslehrers an einen jüngeren Kollegen weitergegeben. Was mich sehr freut: Ein Schüler, der in der Hausaufgabenhilfe engagiert ist, hat eine Spezialaufgabe übernommen. Er kümmert sich regelmäßig um einen gleichaltrigen Flüchtling, der im Rollstuhl sitzt.

Und wie ging es mit der Hausaufgabenhilfe für die Flüchtlingskinder weiter?

Eine Gruppe von etwa 15 Helfern unterstützt weiter die Kinder der Einrichtung am Lautlinger Weg. Viele der Schützlinge der ersten Stunde wurden abgeschoben bzw. „rückgeführt“. Darunter ist auch die 16-jährige Belmira aus dem Kosovo, die bei der Preisverleihung dabei war. Unsere Rahmenbedingungen sind mittlerweile ungünstiger: Weil viele der Jugendlichen am Donnerstagnachmittag Unterricht haben, können sie nicht mehr dabei sein. Verändert hat sich auch das gesellschaftliche Klima: Mittlerweile muss man sich fast schon rechtfertigen, wenn man sich für Flüchtlingskinder engagiert.

Wie konnten Sie das Preisgeld einsetzen?

Ein Teil hat dazu beigetragen, dass die Theatergruppe „Lokstoff“ in einem Container das Stück „Pass.Worte. Wie Belal nach Deutschland kam.“ aufgeführt hat. Die Schüler ab der 8. Klasse konnten so hautnah eine Flucht miterleben. Die Geschichte beruht auf den Erlebnissen eines von uns betreuten Flüchtlings aus dem Lautlinger Weg. Das war sehr beeindruckend. Ein Teil des Geldes kam aber auch unserer Säuglingsausstattung zugute.

Petra Reichelt setzt sich in der Secondhand-Boutique PragA für Langzeitarbeitslose ein.

Nachgefragt:

Wie haben Sie die Nachricht über die Preisverleihung aufgenommen?

Bei meinem Mann war die Freude fast größer. Ich war zuerst in einer Art Schockstarre. Die Freude kam, als ich die vielen, vielen positiven Nachrichten aus unserem Freundes- und Bekanntenkreis bekommen habe.

Wie hat sich Ihre Arbeit dadurch verändert?

Auf die Veröffentlichung hin haben sich spontan mehrere Frauen zur ehrenamtlichen Mitarbeit gemeldet. Meine Aufgabe besteht darin, Vorstellungsgespräche mit den Interessierten zu führen sowie die neuen Ehrenamtlichen zu begleiten. Zudem haben wir 30 % mehr Kleiderspenden bekommen und etliche Neukunden gewonnen. Viele von ihnen interessierten sich für die Projektentstehung, von der ich den Kunden gerne während einer Führung erzähle. Insgesamt konnten wir den besten Jahresumsatz seit der Eröffnung am 27. September 2008 verbuchen. Es war natürlich nicht ganz leicht, das alles zu bewältigen, da wir einfach nicht genügend langzeitarbeitslose Frauen vom Jobcenter vermittelt bekommen. Und so müssen die Ehrenamtlichen vieles auffangen. Aktuell suchen wir im Verkauf eine erfahrene ehrenamtliche Modeberaterin.

Wie haben Sie die Auszeichnung gefeiert?

Mit Hilfe des Preisgeldes habe ich insgesamt 3 Feste organisiert. Neben einem Familienessen gab es in der Textilwerkstatt einen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen für alle Beschäftigten und die Haupt- und Ehrenamtlichen. So haben wir das 8-jährige Bestehen von PragA gefeiert. Und es gab einen unvergesslichen Abend der Begegnung mit Musik und schönen Erinnerungen für die Freunde und Unterstützer. Auf Anregung meines Mannes habe ich mir aber auch ein neues Fahrrad gekauft, mit dem ich zur PragA fahre.

Margot Dorn bringt ihr medizinisches und soziales Talent in die Obdachlosenarbeit ein.

Nachgefragt:

Wie ist es Ihnen nach der Preisverleihung ergangen?

2016 war ein bisschen ruhiger als das Vorjahr, weil ich mich im Frühsommer für 3 Monate in die Schweiz zurückgezogen habe. Ich habe die Zeit als Langzeitgast bei Jesuiten verbracht, um Innenschau zu halten und mein Leben neu zu überdenken. Das Leben dort ist sehr geregelt mit Meditation, Arbeit im Garten oder in der Küche, Vorträgen und der abendlichen Eucharistiefeier. Die freie Zeit habe ich mit Wandern, Lesen und Malen verbracht. Das war nach der Aufregung um den Ehrenamtspreis sehr schön. In diese Zeit fiel aber auch der Tod von Rupert Neudeck. Der Mitbegründer der Flüchtlingshilfe-Organisation Cap Anamur war mir ein großes Vorbild, und ich war sehr berührt von seinem Tod.

Inwiefern hat die Pause vom Alltag Ihre Arbeit verändert?

Mir ist klar geworden, dass ich das, was ich tue, weiter tun möchte. Ich habe also nach meiner Rückkehr die Arbeit mit MedMobil wieder aufgenommen. Aber ich habe auch gemerkt, dass ich die kreative Seite in mir mehr zum Klingen bringen will. Ich war im vergangenen Jahr als Sprecherin bei der Entstehung einer CD beteiligt und habe die Meditationstexte eines befreundeten Pfarrers gelesen. Im November habe ich zudem eine Theaterpatenschaft übernommen: Die Paten gehen mit einem Kind im Alter von 5 bis 12 in eine Vorstellung des Jungen Ensembles oder des Fitz (Zentrum für Figurentheater). Das ist ein schöner Kontrast zu meiner Arbeit mit den erwachsenen Obdachlosen.

Wofür konnten Sie das Preisgeld nutzen?

Zwei Drittel habe ich gespendet, unter anderem für das MedMobil. Das letzte Drittel dient dazu, dass ich mir ab und zu etwas Besonderes gönnen darf, zum Beispiel Material für meine Hobbys.

Dietmar Böhringer ist Leiter eines Singkreises für Blinde und Sehbehinderte.

Nachgefragt:

Was hat der Preis für Veränderungen mit sich gebracht?

Bei meinen Chormitgliedern spüre ich ein deutlich größeres Selbstbewusstsein, sogar mehr Freude am Singen. Es kommen öfter Nachfragen nach einem neuen Treffen.

Wofür konnten Sie das Preisgeld verwenden?

Unsere Sängerinnen und Sänger reisen ja aus 6 verschiedenen Bundesländern an. Da kommen erhebliche Fahrtkosten zusammen, für die ich bisher oft privat zugeschossen habe. Das kann ich jetzt ein bisschen großzügiger tun. Und wir konnten eine Führung durch die Große Landesausstellung „Die Schwaben – Zwischen Mythos und Marke“ im Alten Schloss buchen. Bei einer solchen Führung für Blinde und Sehbehinderte werden manche Objekte aus der Vitrine geholt, die man dann, mit Handschuhen ausgestattet, abtasten kann. Eigentlich wollte ich ja auch mit meiner Frau Essen gehen, aber das haben wir noch nicht geschafft. Ich hatte im vergangenen Jahr übermäßig mit meiner Hauptbeschäftigung zu tun: dem Einsatz für deutschlandweites barrierefreies Bauen. Auch in dieser Frage hat der Preis mir sehr geholfen. Ich habe den Eindruck, beim Thema Gestaltung des öffentlichen Raumes für Blinde und Sehbehinderte ernster genommen zu werden. Dies gilt auch für mein zweites musikalisches Standbein, das Singen im Kindergarten. Dieses Projekt hat durch den Stuttgarter des Jahres einen mächtigen Auftrieb bekommen. Wir treffen uns jetzt vormittags, wenn die Kinder aufnahmebereiter sind, und es gibt ein gemeinsames Singen mit den Eltern.

Und was steht für den „Etwas anderen Chor“ auf dem Programm?

Im Juni werden wir uns zu einer 4-tägigen Chorfreizeit in Trossingen treffen. Dort gestalten wir am Vorabend zu Fronleichnam einen Gottesdienst musikalisch mit.

Julia Schäuble kümmert sich ehrenamtlich um Demenzkranke.

Nachgefragt:

Frau Schäuble, wie geht es Ihnen, wenn Sie auf Ihre Auszeichnung zurückschauen?

Da bekomme ich ein wohlig warmes Gefühl. Es war schön, meine Eltern stolz zu machen. Von dem Preisgeld bin ich nach Australien geflogen, zusammen mit meiner besten Freundin, die mich als Patin vorgeschlagen hatte. All das war aber nie der Grund für meinen Einsatz, ich war auch zuvor schon fünf Jahre lang im Gradmann Haus engagiert. Stuttgarterin des Jahres zu werden, das war die Kirsche auf der Sahne.

Wie ging es mit Ihrem Engagement weiter?

Ich bin inzwischen Referendarin, da bleibt leider nicht mehr so viel Zeit wie noch als Studentin. Trotzdem besuche ich regelmäßig „meine“ Leute. Einige von ihnen bekommen dann große Augen und wollen mich direkt umarmen. Das ist wie nach Hause kommen.

Sind in unserer Gesellschaft genug Menschen bereit, sich sozial zu engagieren?

Es gibt einen Trend, etwas zu tun. Ich verstehe nun, dass viele Berufstätige nicht so viel tun können, wie sie gerne würden. Doch es gibt Dinge, die jeder beitragen kann: jemanden über die Straße begleiten oder beim Fahrkartenkauf helfen. Uns geht es gut, wir haben ein Dach über dem Kopf und genug zu essen. Da sollten wir auch etwas zurückgeben.

Auch, um ein Zeichen zu setzen gegen die teils vergiftete politische Stimmung?

Unbedingt. Die Zeit ist leider geprägt von Feindseligkeiten, obwohl wir doch eine Gesellschaft sind. Das Ehrenamt ist der Beweis, dass es nach wie vor auch Zusammenhalt gibt. Ich glaube, jeder Mensch wäre zu einem sozialen Verhalten fähig. Das sollte die Gesellschaft fördern und dem Einzelnen Möglichkeiten aufzeigen, sich einzubringen. Eine gewisse Bereitschaft muss aber aus einem selbst kommen, sonst funktioniert es nicht.

Jutta Schüle hat ein inklusives Tanzprojekt ins Leben gerufen.

Nachgefragt:

Hat Ihnen die Wahl bei Ihrem Ehrenamt weitergeholfen?

Meine Wahl hat so sehr vieles in ganz arg positiver Art verändert! Das Projekt wurde noch viel bekannter. Seitdem kamen noch mehr Menschen zu meinen Tanzveranstaltungen. Durch die Auszeichnung habe ich auch Sponsoren gefunden, die sich bereit erklärt haben, das Projekt zu unterstützen. Letzten Sommer habe ich zudem einen Verein gegründet und im Dezember haben wir die erste Stuttgarter Inklusions-Gala in der Liederhalle gefeiert – mit 380 Gästen. Das hat auch die politische Wahrnehmung des Tanztreffs verändert. Bürgermeister Werner Wölfle hat sich sogar Zeit genommen bei der Gala Grußworte zu sprechen.

Was hat der Preis für Sie persönlich bedeutet? Was für Ihre Arbeit im Ehrenamt?

Ich habe mich in meiner Arbeit bestätigt gefühlt. Meine Motivation weiter zu machen, hat das schon gesteigert. Die Anerkennung meines Projekts hat meine Arbeit ungemein erleichtert. So ein Titel öffnet tatsächlich Tür und Tor. Für mich ist es schön, dass ich nun in ganz unterschiedlichen Bereichen mit meiner Idee ernst genommen werde. Vor allem bei Entscheidungsträgern, die über Fördermittel bestimmen. Zwischenzeitlich konnte ich zusätzliche Helfer, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, gewinnen. Auch bei Fachtagungen durfte ich von der Entstehung bis hin zum Erfolg berichten. Das hat dazu geführt, dass andere Regionen das Konzept des Projekts vielleicht übernehmen wollen.

Was haben Sie mit dem Preisgeld gemacht?

Das ganze Geld fließt bei mir in das Projekt und in die einzelnen Veranstaltungen. Einen Teil des Geldes habe ich aber auch für Fortbildungen und Anschaffungen verwendet.

Die Ärzte Stephan Rauscher, Simon Reichenauer und Christian Menzel organisierten eine Sprechstunde für Flüchtlinge.

Nachgefragt:

Wie ist es Ihnen seit der Verleihung ergangen?

Wir waren in den Notaufnahme-Lagern des Landes tätig, nicht in städtischen Einrichtungen. Da die letzten Bewohner die Landeseinrichtungen im Juni verlassen haben, sind wir seither nicht mehr tätig. Das erarbeitete Konzept läuft im kleineren Maßstab mit mobilen Sprechstunden in großen städtischen Unterkünften weiter. Aber auch hier hat sich der Bedarf reduziert. Aktuell wird nur noch eine Unterkunft angefahren.

Hat sich für Sie und Ihre Kollegen die Auszeichnung auf Alltag und Beruf ausgewirkt?

Die Verleihung des Preises gar nicht. Die Arbeit in der Versorgung der Flüchtlinge hat aber sehr wohl neue Horizonte eröffnet. Wir konnten viele Kontakte knüpfen, die auch bei der täglichen Arbeit in der Notaufnahme hilfreich sind.

Wie schätzen Sie die Situation, die Flüchtlinge betreffend, momentan ein? Gibt es Verbesserungsbedarf?

Mir scheint die medizinische Versorgung im Großen und Ganzen zu funktionieren. Das Ziel ist ja, keine Parallelstrukturen aufrechtzuerhalten, sondern die Patienten möglichst früh in die vorhandenen Strukturen zu integrieren. Das schließt nicht aus, dass es auch immer wieder lange Wartezeiten gibt und Flüchtlinge keinen Arzt finden. Das geht jedoch auch anderen Patienten so. Wir sehen natürlich immer noch Flüchtlinge in der Notaufnahme, aber nicht in sehr großer Zahl. Problematisch scheint weiterhin die Vergabe von Terminen bei Kinderärzten zu sein.

Wie haben Sie das Preisgeld aufgeteilt?

Ein Teil wurde in ein Abendessen für die wichtigsten Helfer aus dem Klinikum, vom Roten Kreuz und dem Malteser Hilfsdienst investiert. Der Rest ging an die Organisation „Jugend rettet“, die Gelder zur Seenotrettung aus dem Mittelmeer sammelt.

Roland Baur setzt sich für Drogensüchtige und Substituierte ein.

Nachgefragt:

Wie haben Sie die Tage der Preisverleihung persönlich erlebt?

Die Auszeichnung war für mich emotional außergewöhnlich berührend. Ich bin gewohnt, auf Bühnen und vor Publikum zu reden. Als aber mein Laudator auf mein langjähriges und nachhaltiges Engagement hinwies, da war ich so gerührt, dass mir fast die Stimme versagte und ich feuchte Augen bekam. Beeindruckt hat mich auch, wie viele andere Menschen sehr engagierte Arbeit leisten. Die Reaktionen auf die Verleihung waren nur positiv. Überrascht war ich über die Zahl der E-Mails und Anrufe von ehemaligen Mitschülern und Leuten, die ich lange nicht gesehen hatte.

Hat sich die Auszeichnung auf Ihren Einsatz für den Verein JES (Junkies, Ehemalige, Substituierte) und die Aidshilfe ausgewirkt?

Konkret nicht. Aber unmittelbar nach der Verleihung gab es überdurchschnittliche viele Nachfragen von denen, die wenig über die Problematik wissen. Mich persönlich hat die Ehrung in meinem Durchhaltewillen gestärkt, ich hätte vielleicht nach manchen Enttäuschungen und Rückschlägen aufgegeben. Es sind 2 grundlegende Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben: Es gibt immer weniger substituierende Ärzte, weil viele ältere ausscheiden und jüngere nicht dazu bereit sind. Und bei allen Änderungen bleibt die Verschreibungsverordnung noch sehr kompliziert

Was haben Sie mit dem Preisgeld gemacht?

Das erste Drittel sollte der Stuttgarter JES-Gruppe zugute kommen und unsere weitere Arbeit sichern. Mit dem zweiten Drittel sollte die politische Arbeit für die Interessen Drogen gebrauchender Menschen unterstützt werden. Mit dem letzten Drittel wollte ich gemeinsam mit denjenigen, die mich seit vielen Jahren unterstützen, etwas Schönes unternehmen.